1914 – 1945

Die Schule in schwerer Zeit

Diese scheinbar so wohl geordnete Zeit des Aufbaues der Schule wurde jäh durch den Ausbruch des ersten Weltkriegs unterbrochen. Lehrer Even, Lehrer Woestenhemke und Lehrer Rappenhöner mussten Soldat werden. Da es keinen Ersatz gab, musste man Klassen kombinieren. Wochenlang gab es Störungen, denn die Schule diente als Quartier für die ausziehenden Truppen.

Die Erfüllung neuer Aufgaben wurden in der allgemeinen nationalen Begeisterung von der Schule erwartet. So lieferten die Mädchen der sechs oberen Klassen am 1. 11. 1914 53 Paar Strümpfe, 36 Paar Pulswärmer, 10 Paar Ohrenwärmer, Leibbinden, Helmkappen und Handschuhe für arme Soldaten ab – all das hatten sie im Unterricht selbst gestrickt. Die Kinder sammelten und spendeten Geld für die Kriegsanleihe, sie sammelten Altstoffe, Konservendosen und Heilkräuter, schrieben Feldpostbriefe und schickten Liebesgaben an die drei Lehrer.

Doch je länger der Krieg dauerte, desto gedrückter wurde die Stimmung. Die Väter standen an der Front, die Lebensmittel wurden knapp und immer wieder kamen die Todesnachrichten. „Paul R., unser ehemals bester Turner ist gefallen – Emil K. ebenfalls, seine Mutter ist Witwe, sein Bruder verwundet – Hermann H. starb im Lazarett, er wird auf dem hiesigen Friedhof bestattet werden“, so lauten die Eintragungen in der Schulchronik. Anstelle der anfänglichen Siegesfeiern trafen sich Schüler und Lehrer jetzt zum Requiem für die Gefallenen in der Kirche. Auch Rektor Schmitz Sohn war mit 18 Jahren unter den Kriegstoten. Am Ende des Krieges schrieb Schmitz in die Chronik:

„Damit kam das traurige Kriegs- und Schuljahr 1918/19 zum Abschluss. Noch nie haben wir unter ungünstigeren Verhältnissen und mit größeren Störungen gearbeitet: Laubheusammlung (zur Streckung des Pferdefutters), Knochen holen, Eier sammeln, Papier zusammentragen, lange Ferien (wegen der Laubheusammlung) und Ausfall des Unterrichts wegen Grippe, dann folgte der klägliche Rückzug unserer Truppen (die Quartier in der Schule bekamen). Erst mit dem neuen Jahre konnte eine geregelte Arbeit beginnen…“

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Zu Beginn der Zeit der Weimarer Republik gab es einige Veränderungen im Schulwesen, die von der sozialdemokratischen und der Zentrumspartei gemeinsam als so genannter Schulkompromiss erarbeitet worden waren. Einige wichtige Punkte seien hier genannt:

  • Die Schule ist dem Staat unterstellt, es gibt keine geistliche Schulaufsicht mehr.
  • Alle Kinder besuchen eine gemeinsame Grundschule, erst nach dem vierten Schuljahr können sie weiterführende Schulen je nach Begabung und Neigung besuchen. (Seither konnten begüterte Eltern ihre Kinder sofort im ersten Schuljahr zu weiterführenden Schulen anmelden).
  • Die Eltern können frei zwischen Konfessions-, Simultan- oder religionslosen Schulen wählen.
  • Welche Schulen weiter bestehen oder neu eingerichtet werden, bestimmen die Eltern.
  • Der Religionsunterricht ist ordentliches Schulfach und wird in Übereinstimmung mit den Kirchen erteilt.

An der katholischen Schule Lennep änderte sich dadurch nicht viel. Da die geistliche Schulaufsicht entfiel, wurde Hauptlehrer Schmitz zum Rektor ernannt und so mit den Aufsichtspflichten betraut. Der erste Elternbeirat, der gewählt wurde, wünschte die Schule so zu belassen, wie sie war. Eine Liste, die in der Pfarrgemeinde umlief, ergab 2100 Stimmen für die katholische Schule.

Diese hatte jetzt 604 Schüler in 12 Klassen. Obgleich man einen Raum in der Fortbildungsschule bekam, hatte man noch zwei Wanderklassen. Schlimmer aber wurde die Raumnot, als 1923/24 französische Besatzungstruppen kamen und die katholische Schule für fast ein Jahr teilweise und schließlich ganz mit Beschlag belegten. Der Unterricht fand zunächst nachmittags in der höheren Töchterschule statt, später in zwei evangelischen Schulen, mit denen man sich im Vor- und Nachmittagsunterricht abwechselte. Dennoch gab es bei der Rückkehr eine freudige Überraschung: Unter dem Druck der Besatzungsmächte hatten die Schulräume sowie Rektor- und Hausmeisterwohnung elektrisches Licht erhalten, eine Neuerung, die man wegen der Kosten der Schule noch 1920 verweigert hatte.

Eine weitere Neuerung war das Lichtbild als Lehrmittel. Die Stadt Lennep hatte 1922 eine Bildstelle im Realgymnasium eingerichtet, und die Lehrer der katholischen Volksschule machten regen Gebrauch davon. Als Lehrer Even die Elternschaft zu einer Vorführung einlud, war die Begeisterung und Spendenfreudigkeit so groß, dass die Schule als erste in Lennep einen eigenen Vorführapparat ihr Eigen nennen konnte.

Nur die Heizung blieb wie zur Zeit des alten Klosters. Der Hausmeister Johann Schmitz, der seit 1894 sein Amt versah, musste für 10 Räume Kohlen schleppen und Asche ausbringen.

1927 erkrankte Rektor Schmitz schwer und verstarb im Alter von 60 Jahren, betrauert von Schul- und Kirchengemeinde, für die er seine ganze Kraft eingesetzt hatte. 1928 trat Konrektor Philipp Linder in den Ruhestand. Beide waren über dreißig Jahre in Lennep tätig. Nachfolger des Schulleiters wurde Rektor Wilhelm Even, seit 1907 an der katholischen Schule tätig, Nachfolger im Konrektoramt Bernhard Klempert, seit 1901 an der Schule. Rektor Even war als Führer der Zentrumsfraktion Mitglied des Stadtrats und Beigeordneter.

Im Zuge der Eingemeindung nach Remscheid verlor die Stadt Lennep 1929 ihre Selbständigkeit. Von nun an war die Stadt Remscheid der neue Schulträger. In einer Feierstunde nahm die Lehrerschaft Abschied von ihren seitherigen Dienstvorgesetzten Schulrat Köster und Oberregierungsrat Nickol, denen Rektor Even im Namen aller den Dank aussprach. Stadtschulrat Schmidt übernahm sein neues Amt.

Jährliche schöne Schulabschlussfeiern, Schulendtage für die Entlassschüler, Jubiläumsfeiern des Pfarrers und des Rektors, Einführung der sonntäglichen Kindermesse, Anschaffungen für die Schule, wie z.B. ein Klavier, und für die Kirche, wie die neuen Kinderbänke, zeugen von einem regen Schulleben in diesen Jahren.

Doch die unbeschwerte eifrige Arbeit der Schulgemeinde sollte bald eine empfindliche Störung erfahren. Die NSDAP gewann die Wahlen, Hitler kam an die Macht, und so brachen schwere Zeiten für die katholische Schule an. Solange das alte Kollegenteam noch zusammenblieb, war die Situation noch erträglich. Man kannte einander und wusste, dass man vertrauen konnte.

Doch der Druck verstärkte sich rasch. 1934 wurden die gewählten Elternbeiräte aufgehoben. Es wurden neue berufen unter Mitwirkung eines HJ-Führers. 1935 mussten die Lehrer in Prozenten angeben, wie viel Schüler sie für die HJ geworben hatten, für kirchliche Jugendverbände durfte in der Schule nicht mehr geworben werden. Immer wieder wurden die Schulen aufgefordert zur Teilnahme an politischen Veranstaltungen, 1936 zur Gestaltung einer deutschen Weihnachtsfeier, bei der die Wiederkehr des Lebensspendenden Lichtes, nicht aber Christi Geburt im Mittelpunkt zu stehen hatte. 1937 durften die Geistlichen keinen Religionsunterricht mehr in der Schule erteilen, auch erhielt die Schule den neuen Namen „Dietrich-Eckart-Schule“ nach einem Vorkämpfer des Nationalsozialismus. Im gleichen Jahr gewannen die Jungen dieser Dietrich-Eckart-Schule die Stadtmeisterschaft im Handball – ihr Trainer war Lehrer Karl Wahn – und die Mädchenstaffel wurde Sieger im Schwimmwettkampf.

Aber diese sportlichen Erfolge bewahrten die Schule nicht vor der Auflösung. Die Tendenz hatte sich schon lange gezeigt, 1939 war es dann so weit: Die neue deutsche Schule wurde eingeführt, die konfessionelle Schule aufgehoben, die Kreuze aus den Unterrichtsräumen entfernt. Die Dietrich-Eckart-Schule erhielt den Südostbezirk Lenneps mit 320 Schülern. Das Kollegium wurde versetzt, Lehrer der anderen Schulen Lenneps oder Remscheids wurden zugeteilt, doch beließ man Rektor Even die Schulleitung.

Der Ausbruch des zweiten Weltkriegs brachte bald neue Probleme. Wieder musste die Schule Räume abgeben für Luftschutz und militärische Zwecke, für Wirtschafts- und Ernährungsamt. Wieder wurden Lehrer zu den Soldaten eingezogen und der Unterricht durch zusätzliche Aufgaben wie das Sammeln von Altstoffen, Knochen, Kartoffelkäfern usw. gestört. Hinzu kam die Kinderlandverschickung wegen der Luftangriffe, die 1943 und 1945 in Lennep schwere Schäden anrichteten. Beim zweiten Angriff wurden fünf Schüler getötet, auch ein 15-jähriger Messdiener, der mit dem Fahrrad Hostien von Wipperfürth holen wollte, wurde durch den Luftdruck vom Rad geschleudert und verstarb. Noch in den letzten Kriegstagen wurde die Schule durch einen Blindgänger, der ein tiefes Loch in die Mauer des Neubaus riss, beschädigt.

Nach dem Attentat auf Hitler am 20. 7.1944 verhaftete die Gestapo Rektor Even als ehemaligen Fraktionsführer des Zentrums für sechs Tage. Auch Fräulein Werner erlebte Furchtbares, wurde doch ihr Bruder in Berlin zu den Attentätern gezählt und zum Tode verurteilt. Schließlich war überhaupt kein Unterricht im Schulgebäude mehr möglich wegen der Tiefflieger- und Bombengefahr. Die Lehrer unterrichteten Kleingruppen in den Elternhäusern.

So atmeten die Menschen auf, als am Abend des 15. 04. 1945 amerikanische Truppen in Lennep einzogen. Die Schule wurde zwar wieder beschlagnahmt, Lehrmittel und Geräte wurden zerstört oder weggeschleppt, doch waren Angst und Druck des Naziregimes endlich vorüber. Das Bürgermeisteramt gab die Anweisung, alle Bilder der Nazigrößen zu entfernen, sie wurden auf dem Schulhof verbrannt.

Weiter: Unsere Schule von 1945 bis 1968

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